L-CARNITIN IM SPORT: Die Wahrheit
L-CARNITIN IM SPORT: Die Wahrheit
Autor: Dr. Kurt A. Moosburger – Quelle: http://www.dr-moosburger.at/
CARNITIN IM SPORT: Die Wahrheit
Immer noch wird von manchen Ernährungsberatern und Fitnesstrainern die Einnahme von
Carnitinpräparaten zur Steigerung der Fettverbrennung empfohlen, um damit eine Gewichtsreduktion zu beschleunigen (“Fatburner”) bzw. eine Verbesserung der Ausdauerleistungsfähigkeit zu erzielen.
Grund dafür sind mangelnde Kenntnisse dieser vermeintlichen Ernährungsexperten über die biochemischen Vorgänge des menschlichen Stoffwechsels sowie kommerzielles Interesse von Seiten der Carnitin-vertreibenden Firmen.
Um es vorwegzunehmen die Supplementation von Carnitin zur “Verbesserung” des
Fettstoffwechsels ist ein sinnloses, da ineffektives (und zudem kostspieliges) Unterfangen!
Carnitin (früher als Vitamin T bezeichnet, ist aber nicht den Vitaminen zuzuordnen, da es im Säugetierorganismus synthetisiert werden kann) ist eine körpereigene Substanz, die einerseits in Leber, Niere und Gehirn gebildet wird (ca. 15mg pro Tag aus den beiden essentiellen Aminosäuren Lysin und Methionin) und andererseits mit der Nahrung (v.a. Fleisch) aufgenommen wird (10-70mg/Tag, durchschnittlich 30mg/Tag bei Mischkost).
Der Carnitingehalt des Körpers beträgt ca. 20-25g, vor allen in Geweben mit aktivem Fettsäurestoffwechsel. 98% der Carnitinreserven befinden sich in der Skelet- und Herzmuskulatur, der Rest in Leber und Niere. Über die Nieren werden täglich ca. 20mg im Harn ausgeschieden.
Carnitin erfüllt in der Muskelzelle eine “Taxifunktion”, indem es langkettige Fettsäuren, die vorwiegend aus dem Fettgewebe (zum kleinen Teil aus dem Muskelgewebe selbst)
mobilisiert werden (Lipolyse), in die Mitochondrien (“Kraftwerke der Zelle”) transportiert, wo diese dann zur Energiegewinnung (ATP) verbrannt werden (sog. Betaoxidation)DIE MUSKULÄRE ENERGIEBEREITSTELLUNG IM SPORT ] Carnitin ist in der Muskelzelle immer bedarfsgerecht vorhanden, es wird nicht verbraucht,
sondern steht immer wieder als “Taxi” zur Verfügung.
Ebenso geht Carnitin nicht über den Harn “verloren” (Die Ausscheidung wird durch die
Zufuhr mit der Nahrung sowie die körpereigene Biosynthese mehr als kompensiert, s.o.)
Zudem hat der Organismus eine große Menge Carnitin gespeichert (s.o.)
Dies sind die Fakten, die durch seriöse wissenschaftliche Studien belegt sind: Es gibt beim Gesundenweder einen Carnitinmangel, noch einen Carnitinverbrauch, noch Carnitinverluste (auch nicht bei LeistungssportlerInnen).
Selbst bei hochausdauertrainierten AthletInnen ist immer genügend und
bedarfsgerecht Carnitin in der Muskelzelle vorhanden.(Das gleiche gilt übrigens für die neuerdings “in Mode” gekommenen und als
Nahrungsergänzungsmittel beworbenen Coenzyme Q10 und NADH [siehe NADH- SUPPLEMENTATION: KRITISCHE STELLUNGNAHME NAHRUNGSERGÄNZUNGSMITTEL… ]Oral supplementiertes Carnitin gelangt nicht in die Muskelzellen. Der transmembranäre Carnitintransport verläuft äquivalent zur zugeführten Carnitinmenge
(Nahrung) und folgt einer Sättigungskinetik. Ein unphysiologisches “Mehr” an Carnitin im Blut
– wie im Falle einer Carnitinsupplementierung – bedeutet nicht automatisch ein “Mehr” an
Carnitin in der Muskelzelle. Dies verhindert der Konzentrationsgradient von intra- zu
extrazellulär: In der Muskelzelle beträgt die Carnitin-Konzentration 3-4 mmol/l, im Blut 40-60
µmol/l, also um den Faktor 50-100 weniger.
Es steigt somit nur der Blutplasmaspiegel von Carnitin – was jedoch ohne Bedeutung ist
– mit anschließender Ausscheidung über die Nieren (Stichwort “teurer Urin”).
Damit erübrigt sich eigentlich jede weitere Diskussion – wenn eine zugeführte Substanz nicht
an ihren Wirkort gelangt, welchen Sinn macht dann die Zufuhr dieser Substanz ? Selbst die hypothetische Annahme einer Aufnahme von supplementiertem Carnitin in
die Muskelzelle würde keine Steigerung bzw. “Verbesserung” der Fettverbrennung
(Betaoxidation) bedeuten, da die Verfügbarkeit von Carnitin nicht der
geschwindigkeitsbestimmende und damit nicht der entscheidende Schritt (quasi der
“Flaschenhals”) des Fettabbaus ist. Dieser wird vielmehr auf der Stufe der
hormonsensitiven Lipase reguliert und nicht auf der Ebene des mitochondrialen
Fettsäuretransports. Da die Lipolyserate ein carnitinunabhängiger Prozess ist, kann dieser
Prozess nicht einmal theoretisch durch eine Carnitin-Supplementation beeinflusst werden.
Darüber hinaus erfolgt der carnitinabhängige Fettsäuretransport (Carnitinpalmitoyl-
Transferase) bereits bei physiologischen Carnitinkonzentrationen mit Maximalgeschwindigkeit, weshalb eine Umsatzsteigerung durch Carnitin-Supplementation
von vornherein auszuschließen ist (abgesehen davon, dass supplementiertes Carnitin
ohnehin nicht in die Muskelzelle gelangt).
Für biochemisch Interessierte:
Die Regulation der Beta-Oxidation wird über das Schlüsselenzym Carnitin-Acetyltransferase reguliert.
Malonyl-CoA ist der wichtigste Inhibitor, während Schilddrüsenhormone und langkettige Fettsäuren
die Expression erhöhen. Allerdings ist dieser Sachverhalt unabhängig von der eigentlich interessanten
Frage: Wie erfolgt die Regulation der Lipolyse? Und die erfolgt eben auf Ebene der homonsensitiven
Lipase. Normalerweise sind beide Prozesse gekoppelt: Wenn Substratmangel herrscht und dadurch
Insulin abfällt und Adrenalin ansteigt, erfolgt Lipolyse. Parallel dazu sinkt der Malonyl-CoA-Spiegel ab,
sodass die freigesetzten Fettsäuren auch oxidiert werden können. Wenn nun Leute meinen, durch
einen Zusatz an Carnitin ihre Lipolyse ankurbeln zu können, dann unterliegen sie einem
biochemischen Denkfehler. Im Ausdauersport ist vielmehr entscheidend, wieviel freie Fettsäuren bei Muskelarbeit
mobilisiert werden können (aus dem viszeralen und dem subkutanen Fettgewebe sowie zum
Teil auch aus dem Muskelgewebe selbst) und wieviele Mitochondrien mit dem
entsprechenden Besatz an oxidativen Enzymen in der Muskelzelle zur Verbrennung der
Fettsäuren vorhanden sind – und das ist (neben der genetischen Disposition) einzig und
allein eine Frage des entsprechend durchgeführten Ausdauertrainings! (Stichwort
“Fettstoffwechseltraining”) :644 301″> 1″>[siehe FETTVERBRENNUNG IM SPORT In Ruhe verbrennt die Muskulatur ohnehin so gut wie ausschließlich Fettsäuren. Zum besseren Verständnis ein vergleichendes Beispiel:
Bitte bewerte uns:
Carnitin ist das Taxi, die freienFettsäuren sind die Fahrgäste, die Mitochondrien das Hotel,
in das die Fahrgäste mit den Taxis gebracht werden. Die Betaoxidation (Fettverbrennung) ist
der Umsatz, den das Hotel mit seinen Gästen erwirtschaftet :
Was nützt die Bereitstellung vieler Taxis, wenn nicht entsprechend viele Fahrgäste
vorhanden sind? Letztlich wird der Umsatz des Hotels durch die Anzahl seiner Gäste und
nicht durch die Anzahl der Taxis bestimmt !
Ich stelle nicht die Wirkung von Carnitin als Antioxidans oder seine mögliche gefäßaktive
Wirkung in Abrede, mir geht es nur darum, die Unsinnigkeit einer oralen Carnitinzufuhr
zur Leistungssteigerung im Ausdauersport bzw. als “Fatburner” aufzuzeigen.
Wenn man schon Geld für Zusatzpräparate ausgibt, sollten diese wenigstens Sinn machen!
(was ohnehin nur selten der Fall ist).
Bezüglich Carnitin verweise ich u.a. auf den Übersichtsartikel von HEINONEN, der die
nüchterne Wahrheit wiedergibt (siehe unten).
Ich bin für einen vernünftigen, begründeten und zweckmäßigen Einsatz von Mikronährstoffen
im Sport, wenn diese durch die Nahrung nicht ausreichend bereitgestellt werden können.
Aber das ist bei einer ausgewogenen Mischkost nicht der Fall, selbst im Leistungssport. Wir
sollten uns deshalb fragen, ob der Sportler wirklich ein “Mangelwesen” ist, der ohne
Zusatzernährung nicht “existieren” kann. Steckt nicht vielmehr ein gigantischer Absatzmarkt
und damit in erster Linie kommerzielles Interesse hinter den angepriesenen und für
“lebensnotwendig” erachteten Produkten? NAHRUNGSERGÄNZUNGSMITTEL IM SPORT
FACTS AND FALLACIES
An dieser Stelle zwei Beispiele:
Die Schilangläufer unserer Nationalmannschaft, die 850 bis 900 Stunden Nettotrainingszeit
pro Jahr absolvieren (das Pensum der Weltklasse, das Maximum aus
leistungsphysiologischer Sicht), nehmen als einzige Zusatzpräparate fallweise (nur in
Phasen hochintensiver Trainingseinheiten) Vitamin E und Magnesium zu sich – jedenfalls
kein Carnitin. (Dafür essen sie fast täglich ein Steak).
Stichwort “Race Across America”: Das RAAM ist ein Extrembeispiel in jeder Hinsicht, vor
allem, was die Ernährung betrifft. Aber selbst bei dem für Spitzenfahrer acht bis neun Tage
dauernden Ultramarathon, dessen Belastungsintensität zwangsläufig großteils im
Fettstoffwechselbereich liegt, hätte die zusätzliche Einnahme von Carnitin keinen Sinn. Der
Fettstoffwechsel der Athleten muss optimal trainiert sein – nur darauf kommt es an![siehe http://www.meneweger.at]
Fazit: Eine Supplementation von Carnitin bewirkt keine Steigerung bzw.
“Verbesserung” des Fettstoffwechsels und kann somit weder die
Ausdauerleistungsfähigkeit steigern noch eine Körperfettreduktion beschleunigen.
Wer heute noch eine Leistungssteigerung oder einen beschleunigten Körperfettabbau
durch die Einnahme von Carnitinprodukten verspricht, ob Trainer, Arzt oder
Ernährungsberater, macht sich damit unglaubwürdig und disqualifiziert sich als
“Fachmann”.
LITERATUR (Auszug):
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Ist eine L-Carnitin-Substitution bei Sportlern sinnvoll ?” in: Leistungssport, 1994;
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Dr. Kurt A. Moosburger :1126 106″> 9″>www.dr-moosburger.at Innsbruck, im November 1995 (für das “SportAS”) (zuletzt überarbeitet im März 2005)
Autor: Dr. Kurt A. Moosburger – Quelle: http://www.dr-moosburger.at/
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